Im Quo vadis? interessieren wir uns für die Berufung jedes Menschen: Wie gelingt mein Leben und was hat das mit Gott zu tun? Dafür lassen wir uns von Ordensleuten inspirieren, die erzählen, wie sie ihre Lebensform gefunden haben: Berufungsg'schichten. In Kooperation mit dem Canisiuswerk. Sr. Christina Blätterbinder SSpS (*1985) gehört zu der weltweiten Gemeinschaft der Dienerinnen des Heiligen Geistes (Steyler Missionsschwestern). Sie erzählt von den Stationen, die ihre Gottesbeziehung formten:
Pfarre und Studienkollengen
In einer ländlichen Gegend in Oberösterreich aufgewachsen, war es für mich selbstverständlich Teil der Kirche zu sein. Der Glaube war einfach da und gut lebbar. Und auch Sehnsucht nach der weiten Welt habe ich gespürt. In meiner Jugendzeit war ich in der Pfarre engagiert und an Glaubensfragen interessiert.
Die Entscheidung für das Theologiestudium in Wien traf ich eher zufällig. Aber die Inhalte haben mir von Anfang an Freude gemacht. Allerdings habe ich in dieser Zeit durch eine persönliche Leiderfahrung auch sehr mit Gott gerungen, ihn regelrecht beschimpft. Das war herausfordernd, aber gleichzeitig auch befreiend, weil ich Gott dabei als ein wirkliches Gegenüber erlebt habe, der „herabsteigt“ und sich voll und ganz auf mich einlässt.
Im zweiten Studienabschnitt habe ich einige Steyler Missionare und ihre internationale Studentenkommunität kennengelernt. Heute kann ich sagen, dass diese Gruppe Mitstudenten, meine jetzigen Mitbrüder, den ersten Funken der Begeisterung für die vielfältige und weite Steyler Spiritualität in mein Herz gelegt hat.
Theology of Struggle
Im Jahr 2008 durfte ich eine andere, mein Leben prägende Erfahrung machen. Ich nahm mit anderen Theologiestudent*innen aus Österreich an einer Exkursion auf die Philippinen teil. Ziel des Austauschprojekts Sandiwaan (one spirit/ ein Geist) war es, uns die „Wissenschaft von Gott“ aus der Lebensperspektive von unterdrückten Menschen auf den Philippinen (“theology of struggle“) nahezubringen. Ganze Familien, die inmitten eines Müllbergs leben, größte Armut und dennoch mittendrin frohes Kinderlachen – wie geht das zusammen? Wie kann dieses Leid in der Welt existieren? Wie kann Gott, die die Liebe ist, solche Ungerechtigkeiten zulassen? Solche Fragen, im Studium theoretisch behandelt, „sind hier Fleisch geworden“, und haben mich nicht mehr loslassen.
Bei einem einjährigen Einsatz als Steyler „Missionar*in auf Zeit“ (MaZ) in Westafrika, bin ich intensiver in Kontakt mit meiner jetzigen Ordensgemeinschaft gekommen. Als Freiwillige war ich tief beeindruckt vom ganzheitlichen Einsatz der Steyler Missionsschwestern für die Menschen. Doch ich konnte mir nach meiner Rückkehr nach Österreich 2011 noch nicht vorstellen, selbst einmal in diese Gemeinschaft einzutreten.
Heute sage ich: „Der Heilige Geist hat mich schon gestreift und nicht mehr losgelassen.“ Im darauffolgenden Jahr habe ich viel mit mir gerungen. Sollte Gott wirklich mich zum Ordensleben berufen? Mich, die gerne viel redet, die es liebt, bunte Gewänder zu tragen und die im Gebetsleben nicht geübt ist? Diese Fragen kamen leise, immer wieder und sind nie ganz verstummt. 2012 habe ich allen Mut zusammengenommen und bin bei den Dienerinnen des Heiligen Geistes eingetreten.
Gemeinsam gegen den Strom
Nach dem Postulat und dem Noviziat, den ersten Teilen der Ordensausbildung in Wien und in Rom, lebe ich heute in Innsbruck. Ich arbeite als Pastoralassistentin mit Menschen mit Unterstützungsbedarf und bin verantwortlich für unseren Steyler Freiwilligendienst ‚MaZ‘ (Missionar*in auf Zeit).
Das Zusammenleben mit vier Mitschwestern aus drei verschiedenen Ländern und sehr unterschiedlichen Alters, empfinde ich als Bereicherung. Meinungsverschiedenheiten und Konflikte im Alltag fordern uns heraus. Wir sind überzeugt, unser interkulturelles und intergenerationelles Zusammenleben ist ein prophetisches Zeichen in dieser von Corona, Klima- und Flüchtlingskrise und Egoismen bedrohten Welt. „Wir schwimmen gegen den Strom“ indem wir aufeinander achten, aus der gleichen spirituellen Quelle leben und uns einsetzen für die Eine Welt, in der wir alle miteinander verbunden sind. Auch der Humor, unser „gemeinsam lachen können“ ist eine verbindende Kraft.
Mittlerweile habe ich zum vierten Mal meine zeitlichen Gelübde erneuert und bereite mich vor, mich durch die Ewige Profess ganz an Gott und die Gemeinschaft zu binden - „so Gott will“.
Das Volontariatsangebot Missionar*in auf Zeit der Steyler Missionsschwestern ist Teil von ausserordentlich.at, der Vernetzungsplattform der internationalen Freiwilligendieste der Ordensgemeinschaften Österreich.
Weitere Berufungsg'schichten von Ordensleuten unterschiedlichester Gemeinschaften finden Sie hier:
Sebastian Ortner, Jesuit
Regina Köhler, Congregatio Jesu
Ewald Nathanael Donhoffer, Prämonstratenser
Katharina Ruth, Kleine Schwestern Jesu
Moritz Windegger, Franziskaner
Katharina Leitner, Benediktiner
Michal Klučka, Salesianer Don Bosco
Gertraud Harb, Kreuzschwestern
Helena Fürst, Elisabethinen
Pilippus Mayr, Benediktiner
Erika Maria Radner, Karmelitin
Lukas Agerer, Zisterzienser