Neue Ausstellung: Wer in diesem Land die Arbeit macht

Der Illustrator Daniel Lienhard portraitiert in seinen Bildmontagen arbeitende Menschen als Heilige: Frauen und Männer in systemrelevanten Berufen – unterbezahlt und ohne Wertschätzung. Ab 3. Mai 2021 ist die Ausstellung "Wer in diesem Land die Arbeit macht" im Quo vadis? zu besichtigen. Teile der Ausstellung sind bereits jetzt in den Schaufenstern des Begegnungszentrum im Zwettlerhof am Stephansplatz öffentlich zu sehen. Passantinnen und Passanten sollen damit auf soziale Ungleichheiten aufmerksam gemacht werden.

 

Mit seinen Bildmontage macht der Künstler Daniel Lienhard auf Ungerechtigkeiten in unserer Gesellschaft aufmerksam und rückt systemrelevante Berufe in den Mittelpunkt, die gesellschaftlich wenig anerkannt sind. „Es ist spannend und angemessen, jene als Heilige darzustellen, die in unserer Gesellschaft die Drecksarbeit machen.“ Mit diesen Worten eröffnete er die Online-Vernissage am 8. April 2021, bei der er seine Illustrationen vorstellte und deutete.

 

Heiligenstatuen in neuen KontextenAusstellung Lienhard Wer die Arbeit macht Marie cDaniel Lienhard

Lienhard setzt in seinen Illustrationen Heiligenstatuen in heutige Kontexte und erzählt damit Geschichten zahlreicher arbeitender Menschen: Die Thronende Madonna des italienischen Bildhauers Benedetto da Maiano stellt Lienhard als Hausfrau Marie dar. Sie sitzt mit einem Kinderwagen im Zug und leidet unter der Doppelbelastung der Kindererziehung ihrer Sohnes Paul und der Pflege ihrer krebskranken Mutter.

Ein anderes Bild zeigt Benedetto. Der Angestellte bei der Städtischen Müllabfuhr steht vor dem Müllwagen und ist gerade dabei, einen Müllcontainer zu entleeren. Als Migrant in Italien fühlt er sich unwillkommen und feindselig behandelt. Damit ergeht es ihm wie dem Heiligen Benedetto von Palermo, der als äthiopischer Migrant im 16. Jahrhundert lebte und dessen Statue auf der Bildmontage zu sehen ist.Ausstellung Lienhard Wer die Arbeit macht Benedetto cDaniel Lienhard

Mit der Statue der Heiligen Margareta macht Lienhard auf Pflegekräfte in der Intensivmedizin aufmerksam. Sie trägt eine OP-Maske und versorgt einen Patienten, der an der Lungenmaschine hängt. Damit erzählt der Illustrator die Geschichte seiner Kunstfigur Margret. Diese empfindet es mittlerweile als zynisch, dass im März 2020 die Pflegefachkräfte beklatscht wurden. Lieber hätte sie einen höheren Lohn und einmal einen freien Tag.

Hier können Sie alle Bilder der Ausstellung sehen! Danke, Herr Lienhard, für dieses großzügige Teilen! 

 

Ansehen verleihen durch Ansehen

Prekäre Lebenssituationen, Ausbeutung und Fremdenhass kennzeichnen das Leben zahlreicher arbeitender Menschen in Österreich. „Wir gehen sehr unbeschwert mit den Ungerechtigkeiten unserer Gesellschaft um. Mit der Sklaverei haben wir noch lange nicht abgeschlossen“, verdeutlicht Daniel Lienhard die Botschaft seiner Bilder und zeigt Lösungsansätze, wie jede/r Einzelne mit ungerechten Strukturen umgehen kann: „Sehen wir die Leute, die für uns den Dreck machen, als Heilige an. Man muss sie nicht einmal als Heilige ansehen. Man muss sie überhaupt sehen. Dann ändert sich ihr Ansehen. Das ist das Wichtige: Jemanden ansehen und ihm dadurch Ansehen verleihen.“

Lisa Huber, die Leiterin des Quo vadis, unterstreicht die Botschaft der Ausstellung als wesentlichen Grundauftrag der Ordensgemeinschaften: "Der Einsatz für eine gerechtere Welt ist ein Kernanliegen der Ordensgemeinschaften. Papst Franziskus setzt sich für eine andere, eine bessere Welt ein. Über eine gerechtere Gesellschaft nachzudenken und sich dafür einzusetzen, ist dringend notwendig in der derzeitigen Situation der Corona-Pandemie."

 

Heilige sind WegbegleiterDaniel Lienhard

Wie kommt Lienhard dazu, Heiligenstatuen für die Ausstellung im „Quo vadis?“ zu verwenden? Seit seiner Jugend stehen dem Illustrator Heilige nahe. Aufgewachsen in der reformierten Zwinglistadt Zürich, beneidete er Gläubige der katholischen Kirche. Diese hätten viele Bilder gehabt, wohingegen in der reformierten Kirche nur das Wort reichen musste: „Ich habe gelitten unter der kargen Religiosität der Zwinglianer.“ So wuchs in ihm die Faszination für Heilige, sie sind für ihn „eine sympathische Truppe, bei der ich gerne zu Besuch bin“.

 

Ausstellung besichtigen

Die Ausstellung ist ab 3. Mai 2021 montags bis freitags von 11:00-16:00 Uhr im „Quo vadis?“, Stephansplatz 6, 1010 Wien zu besichtigen. Der Eintritt ist frei. Bis dahin werden Bilder der Ausstellung in den Schaufenstern des Begegnungszentrums gezeigt, um Passantinnen und Passanten die Möglichkeit zu geben, sich mit dem Thema der sozialen Ungleichheit im öffentlichen Raum auseinandersetzen zu können. Ein Online-Gesprächsabend unter dem Titel „Hackln: Macht uns Arbeiten zum Menschen?“ am 20. April um 18:30 Uhr lädt zur Auseinandersetzung mit Arbeit in dieser herausfordernden Zeit ein.

Mehr über Daniel Lienhard:  www.lienhardillustrator.com