Frater Rafael Maria Klose, Dominikaner und Theologiestudent, schreibt uns eine Kostprobe der Vorträge, die er und sein Mitbruder für das Quo vadis? zusammenstellten:
„Kehrt um, denn das Himmelreich ist nahe!“ – mit dieser Aufforderung startet sowohl Johannes der Täufer als auch Jesus selbst seine öffentliche Verkündigung. Kehr um! – dieser Ruf gilt jedem, der sich auf ein Leben mit Gott einlassen will.
So ist es kaum verwunderlich, dass auch der Dominikaner und Mystiker Johannes Tauler (1300-1361) in vielen seiner Predigten die Umkehr thematisiert. Mit seiner klaren und bildreichen Sprache möchte er seine Zuhörer auf ihren Lebenswegen zu einer dreifachen Kehre ermutigen: Zu einer Umkehr von allen Dingen (die nicht Gott sind); zu einer Einkehr in das eigenen Innere (den Seelengrund) und zu einer Rückkehr zu Gott, als dem Urgrund allen Seins.
Was Tauler damals gelehrt hat, hat auch heute nichts an Aktualität verloren und ist eine geistliche Hilfe für alle, die sich auf den Weg zu und mit Gott machen wollen. In unserer Vortragsreihe „Umkehr – Einkeht – Rückkehr: Der mystische Lebensweg mit Tauler“ möchten wir anhand seiner Predigten einen praktischen Einblick in Taulers Lehre bieten und dazu auch in den gegenseitigen Austausch kommen.
Wir, das sind Frater Tobias und Frater Rafael. Wie Johannes Tauler so gehören auch wir dem Dominikanerorden an und absolvieren derzeit unser Theologie-Studium an der Universität Wien. Als Ordensleute „in Ausbildung“ dürfen wir in unserem Alltag immer wieder den Fragen des geistlichen Lebens nachgehen – sei es im Kloster oder in der Seelsorge und geistlichen Begleitung.
Gott Platz machen
Am Anfang der Vortragsreihe steht das Thema „Umkehr: Die Welt als Weg und Abweg“.
Für Johannes Tauler beginnt der Weg zu Gott mit der Abkehr von der Welt. Das bedeutet aber nicht, die Welt zu verachten, sondern innerlich frei zu werden von den vielen weltlichen Dingen, die unser Leben und Denken in Beschlag nehmen und sich so auch zwischen uns und Gott stellen.
In einer seiner Predigten rät Tauler: „Löse deinen Geist von allen Zwecken, denen er verpfändet ist, von aller Liebe, allen Gedanken, allem Wohlwollen der Geschöpfe; denn soll Gott in den Geist eingehen, so muss notwendigerweise das Geschöpfliche heraus.“
Ein freier Geist, in dem Gott wieder Platz findet – das ist das Ziel der Umkehr. Wenn wir so wieder fähig werden, Gott ungeteilten Herzens zu lieben, wird auch unser Verhältnis zur Welt erneuert: Als seine Schöpfung können wir sie annehmen und sie nach seinem Willen mitgestalten.
Diese Umkehr zu Gott bleibt eine ständige Herausforderung in unserem rasanten Alltag. Mit unserem Vortrag wollen wir, von der mystischen Lehre Taulers her, Anregungen für das persönliche Glaubensleben geben.
Der geplante Vortrag am 10. November 2020 kann aufgrund der aktuellen Corona-Verordnungen nicht stattfinden. Wir hoffen am 15. Dezember 2020 und 19. Jänner 2021 mit fr. Rafael und fr. Tobias weiter in die geistliche Schule des Johannes Tauler gehen zu können!